Jahrgänge
1930-1939
Geschichte:
1930: Die Aussichten für das neue Jahrzehnt waren nicht rosig. Im Gegenteil. Nachdem die Große Regierungs-Koalition zwischen der SPS und der DVP zerbrochen war, die Weimarer Republik ihrem Ende zuging, war die politische Ausrichtung nach rechts unverkennbar geworden. Immer mehr braun-uniformierte
Hitler-Anhänger zeigten sich ungeniert in der Öffentlichkeit. Die Reichstagswahlen brachten zudem der NSDAP die zweitstärkste Stimmenmehrheit. Auch in Österreich legten die sogenannten Heimwehrmänner auf der Generalversammlung des Heimatschutzverbandes Niederösterreich ein klares Bekenntnis zum Faschismus ab. Die Entwicklung in Äthiopien sah freundlicher aus. Der bisherige König Ras Tafari bestieg den Kaiserthron, plädierte für eine neue Verfassung und war bestrebt, das Land von seinen starren Traditionen zu befreien. Um Indien vom Joch der britischen Kolonialherrschaft zu befreien und das Salzmonopol zu brechen, rief Mahatma Gandhi zu einem „Feldzug der Gehorsamkeitsverweiger-ung“ auf, der als Salzmarsch in die Geschichte einging. Weltweite Schlagzeilen machte auch Max Schmeling als er den Box-Weltmeistertitel in New York gegen Jack Sharkey gewann. In Deutschland erregte der Film „Der blaue Engel“ nach dem Roman „Professor Unrat“ von Heinrich Mann enormes Aufsehen. Für Marlene Dietrich begann damit eine Weltkarriere, zumal der Film auch in London in einer englischen Fassung gezeigt wurde.
1931: In Deutschland konnte auch das Schauspieler-Traumpaar Willy Fritsch und Lilian Harvey in dem Film „Der Kongress tanzt“ nicht darüber hinwegtäuschen, dass fast 6 Millionen Arbeitslose um ihre Existenz bangten. Die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise hatten schon 70.000 Betriebe in den Konkurs gerissen. Die NSDAP, die DNVP, der Bund der Frontsoldaten und Stahlhelm hatten sich gleichgesinnt zur „Harzburger Front“ zusammengeschlossen, um massiv gegen die sozialdemokratischen Kräfte vorgehen zu können. In den Niederlanden hatte sich ebenfalls eine faschistische, national-sozialistische Bewegung gegründet. Der Rechtsextremismus zeigte sein Gesicht immer deutlicher und die Lebensbedingungen in Deutschland waren verheerend.
In einem wirtschaftlich desolaten Zustand übernahm die in Spanien ausgerufene Zweite Republik das Erbe, das der abgedankte König Alfons XIII. hinterließ. Der mehrfache Mörder Al Capone wurde in den USA zu 11 Jahren Gefängnis und einer hohen Geldstrafe verurteilt, da man ihm „nur“ Steuerhinterziehung nachweisen konnte. Erfreulicher war die Einweihung des Empire State Buildings in New York, das zu jener Zeit das welthöchste Gebäude war. Mit dem Namen Erfinders Thomas Alva Edison verbindet sich nicht nur der Fortschritt der weltweiten Elektrifizierung. Er starb 84jährig am 18. Oktober 1931. Ein Mann Namens Leonid Breschnew tritt der KPdSU bei.
1932: Im Februar 1932 waren die privaten Bemühungen des Österreichers Adolf Hitlers erfolgreich. Er bekam die deutsche Staatsangehörigkeit zuerkannt. Auch die Wahl im April war für ihn ein Erfolg. Immerhin konnte er fast 37 Prozent der Stimmen für sich verbuchen. Paul von Hindenburg wurde mit 53 Prozent erneut zum Reichspräsidenten gewählt. Die NSDAP war nach der Reichstagswahl zum ersten Mal stärkste Fraktion. In Deutschland bahnten sich Veränderungen großen Ausmaßes an. Die beginnende Nummerierung der wichtigsten Fernverkehrsstraßen, die im Deutschen Reich zur besseren Orientierung dienen sollte, gehörte nicht zu diesen Veränderungen, erwies sich aber als sehr vorteilhaft.
Italien wurde schon seit 10 Jahren faschistisch regiert. Dieser Jahrestag war für den Diktator Benito Mussolini ein willkommener Anlass, sich aufwändig feiern zu lassen. Die Eröffnung der Buchmesse in Paris wurde von einem Attentat überschattet. Der russische, schwer geistesgestörte Schriftsteller Pawel Gurgolow schoss auf den Staatspräsidenten Paul Doumer, der tags darauf starb. Noch im selben Jahr wurde der Attentäter trotz unklarer Gutachten durch die Guillotine hingerichtet. Einen erfreulichen Lichtblick im Weltgeschehen stellten die X. Olympischen Sommerspiele dar, die in Los Angelos ausgetragen wurden und bei denen Deutschland drei Goldmedaillen errang.
1933: Die Weimarer Republik war gescheitert. Das Dritte Reich, in dem Adolf Hitler die Macht als Reichskanzler übernommen hatte, war angebrochen. Die Nazis regierten Deutschland. Um das zu untermauern, wurde Joseph Goebbels zum Propagandaminister ernannt, es wurden neue Gesetze gemacht und ein sogenannter Arierparagraph machte die Juden zu Menschen, die nichts mehr in dieser Gesellschaft zu suchen hatten. Sie waren von nun an Gewalt und Willkür ausgesetzt. Schriftsteller und Künstler verließen das Land, nachdem ihre Bücher ohnehin schon verbrannt worden waren. Albert Einstein sah sich gezwungen, in die USA zu fliehen. Dort hatte Präsident Franklin Roosevelt mit dem „New Deal“ einen Reformweg eingeschlagen. Wer Deutschland nicht freiwillig verließ, wurde des Landes verwiesen wie beispielsweise der Schriftsteller Kurt Tucholsky. Regimekritiker und Nichtarier aller Couleur kamen in Konzentrationslager, aus denen die meisten nie mehr zurück kamen. Das erste KZ wurde in Dachau, nördlich von München, errichtet. Die 10. Berliner Funkausstellung präsentierte den Deutschen den ersten Radio-Volksempfänger, der bald als Goebbels-Schnauze bezeichnet wurde wegen der vielen Propaganda-Reden des gleichnamigen Ministers. Propaganda kam auch auf die Leinwand. „Der Sieg des Glaubens“ war ein Film, den die Regisseurin Leni Riefenstahl über den Reichsparteitag gedreht hatte. Er wurde ein Erfolg.
1934: Die Nationalsozialisten verloren keine Zeit, ihre Macht zu untermauern und das faschistische Regime zu stärken. Zu Jahrsbeginn trat das perfide „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ in Kraft. Tausende Frauen und Männer mussten sich einer Zwangssterilisation unterziehen, die sie oft nicht einmal überlebten. Als im August Paul von Hindenburg starb, war für Hitler endgültig der Weg frei geworden. Er wurde Alleinherrscher Deutschlands und nannte sich Führer. Den einzigen Rückschlag, den der Nazi-Staat hinnehmen musste, war die Tatsache, dass sich die Evangelische Kirche von ihm ausdrücklich distanzierte. Die Maßnahmen gegen Juden wurden immer drakonischer. Künstler, die sich zu jüdischen Kollegen bekannten, sahen sich schließlich dennoch gezwungen, den „Aufruf der Kulturschaffenden“ zu unterschreiben, in dem sie dokumentierten, dass sie zu Hitlers Gefolgschaft gehörten. Welche Künstler für die Regierung als unverzichtbar galten, war in der sogenannten „Gottbegnadeten-Liste“ verzeichnet. So kostete es Wilhelm Furtwängler, den Leiter der Bayreuther Festspiele zwar seine Ämter aber nicht das Leben, als er sich für den jüdischen Komponisten Paul Hindemith einsetzte.
Beklagenswert war zudem der frühe Tod der französischen Physikerin und Nobelpreisträgerin Marie Curie und der des Dichters Joachim Ringelnatz, der mit 51 Jahren verstarb.
1935: Im deutschen Rundfunk durfte keine Jazz-Musik mehr gespielt werden. Die „Comedian Harmonists“ wurden gänzlich verboten und der Schriftsteller Kurt Tucholsky, der bereits nach Schweden ins Exil gegangen war, konnte die Entwicklung in seinem deutschen Heimatland nicht mehr aushalten. Er wählte mit 45 Jahren den Freitod. Trotz aller beängstigenden Veränderungen wählte das Saargebiet bei einer Volksabstimmung mit riesiger Mehrheit die Rückgliederung ins Deutsche Reich. Durch das sogenannte Führerprinzip und die neue Deutsche Gemeindeordnung war der letzte Rest Demokratie auch auf kommunaler Ebene beseitigt worden. Die Wehrmacht wurde aufgebaut und die Allgemeine Wehrpflicht zur Aufrüstung der deutschen Streitkräfte war wieder gesetzlicher Bestandteil geworden. Die „Nürnberger Gesetze“, die die deutsche Herrenrasse von allen niederen „Elementen“ unterschied, waren der Gipfel der Menschenverachtung. Die hohe Arbeitslosigkeit, die durch die Einführung eines pflichtgemäßen Arbeitsdienstes minimierte werden sollte, schloss Behinderte und Juden ebenso davon aus wie deren verheiratete Partner. Deutschland ging einen Weg, der auf diktatorische Macht ausgerichtet war. Das konnte auch das neue Medium Fernsehen nicht vernebeln, das zwar einen technischen Fortschritt darstellte, dessen Programm aber fest in der Hand der Nazis war.
1936: Sowohl die IV. Olympischen Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen als auch die XI. Olympischen Sommerspiele in Berlin waren Veranstaltungen, die die Nationalsozialisten für ihre propagandistischen Zwecke nutzten. An den Wettkämpfen in Berlin nahmen 49 Nationen teil. 4069 Sportler kämpften um die Medaillen, darunter waren 470 deutsche Athleten, womit das Gastgeberland die größte Mannschaft stellte. Diese Spiele waren bis zu diesem Zeitpunkt die größte Sportveranstaltung, die jemals ausgetragen wurde. Hitler eröffnete die Olympiade und genoss die internationale Zuschauermenge, die ungeachtet der antisemitischen Stimmung beeindruckt war. Dass ausgerechnet ein Schwarz-Amerikaner vier Goldmedaillen gewann und damit der erfolgreichste Sportler war, ertrug der Führer zähneknirschend. Die Spiele konnten die Ereignisse in Deutschland kaum vergessen machen. Hitlers bedrohlicher Befehl, das Heer müsse in vier Jahren einsatzfähig und die Wirtschaft zeitgleich kriegsfähig sein, tat sein Übriges.
Beunruhigend waren auch die Nachrichten, die aus Spanien kamen. Die rechts-nationalen Kräfte unter General Franco putschten und lösten den Spanischen Bürgerkrieg aus, in dem die Kommunisten aus der ganzen Welt auf Seiten der Republik kämpften. Zu diesen Interbrigadisten gehörten auch Deutsche, u.a. das Thälmann-Bataillon. Die Franco-Putschisten wurden von Hitlers Flugzeuggeschwader „Legion Condor“ unterstützt. Noch ohne offizielle Uniform beging die Wehrmacht im Spanischen Bürgerkrieg ihre ersten Gewalt-Verbrechen.
1937: Immer noch tobte in Spanien der Bürgerkrieg. Das deutsche Flugzeuggeschwader „Legion Condor“ machte durch einen Luftangriff die Basken-Stadt Guernica dem Erdboden gleich. Pablo Picasso malte als Zeichen seiner Verurteilung der Gräueltat, die nur eine von vielen war, das Bild „Guernica“, das erstmals auf der Pariser Weltausstellung vorgestellt wurde und weltweite Beachtung fand. „Entartete Kunst“ hieß die deutsche Wanderausstellung, die Werke namhafter Maler präsentierte, um dem Volk zu zeigen, wie Kunst nicht zu sein hatte. Wertvolle Gemälde fielen anschließend der Vernichtung anheim. Seinen traurigen Ruhm begründete das KZ Buchenwald auf dem Ettersberg nahe der Goethestadt Weimar, in dem ca. 56.000 Menschen bis Kriegsende unter grausamen Umständen den Tod fanden. Der Staatsbesuch des italienischen Diktators Mussolini in Deutschland wurde zu einer Propaganda-Veranstaltung enormen Ausmaßes. Hitler und sein Gast waren sich darin einig, ihren Gesinnungsgenossen Franco im Spanischen Bürgerkrieg zu unterstützen. Schlagzeilen machte der Zeppelin „Hindenburg“, der bei seiner Landung im amerikanischen Lakehurst explodierte und 33 Menschen in den Tod riss. Amerikas Haltung zur deutschen Politik formulierte Präsident Roosevelt deutlich in seiner „Quarantäne-Rede“. Sein Ansinnen bestand darin, sich gegen Staaten zu stellen, u.a. war Deutschland gemeint, die eine expansive Außenpolitik betrieben. Dass die Braunschweiger Schmalbach-Werke die erste Getränkedose auf Deutschlands Markt brachten, ging in den politischen Wirren fast unter.
1938: Um den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich zu vollziehen, marschierten etwa 65.000 deutsche Wehrmachtssoldaten auf Hitlers Befehl im Nachbarland ein. Die schwerbewaffneten Nazi-Truppen wurden jubelnd begrüßt. Eine Volksabstimmung ergab eine Mehrheit von 99 Prozent für den Anschluss an das Deutsche Reich. Begeistert waren auch die Menschen im Sudetenland, als im Oktober die deutsche Wehrmacht einmarschierte. Dieser Einmarsch war durch das „Münchner Abkommen“ legalisiert worden.
Die grauenvollen Machenschaften der Nazis im Deutschen Reich wurden mit Angst und Schrecken quittiert. Die Reichspogromnacht war eines der schlimmsten Ereignisse, das als unrühmlich in die deutsche Geschichte einging. Voran gegangen war die Massenausweisung polnischer Juden, bei der ein angeblicher Anschlag auf einen deutschen Diplomaten die Nazis zu einem Racheakt „berechtigte“. Zerstörung von Geschäften, jüdischen Institutionen und Synagogen machten die Nacht vom 9. zum 10. November zur sogenannten „Reichskristallnacht“, weil außer den vielen Bränden auch unzählige Schaufensterscheiben zu Bruch gegangen waren. Mit der „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ hatte Hitler seine deutschlandweite Arisierung durchgesetzt, zumal es auch den jüdischen Kindern inzwischen verboten war, am Unterricht teilzunehmen.
1939: Zu Beginn des letzten Jahres in dem Jahrzehnt äußerte sich Hitler in einer Reichstagsrede noch einmal in aller grausamen Deutlichkeit zur Judenfrage. Im Falle eines Weltkrieges, den er nicht ausschloss, verhieß er die „Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa“. Den in Deutschland verbliebenen Juden wurde derweil jegliches Mietrecht entzogen. Judenhäuser waren der Beginn der Ghettoisierung. Die schrittweise Erweiterung des Deutschen Reiches durch die Vereinnahmung Österreichs und des Sudetenlandes hatte aus Deutschland das Großdeutsche Reich gemacht.
Am 31. August wurde von getarnten Angehörigen der SS der Rundfunksender Gleiwitz überfallen. Für den fingierten Überfall wurde am nächsten Morgen „zurückgeschossen“. Mit diesem „Racheakt“ begann der Angriff auf Polen, der den Zweiten Weltkrieg nach sich zog.
Für Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 10 und 18 Jahren war die Hitlerjugend zur Pflicht geworden. Der „Euthanasie-Erlass“ dagegen trug zur Ausrottung kranker und behinderter Menschen bei. Er legalisierte deren Ermordung. Die Menschen, die sich gegen das brutale Naziregime zur Wehr setzten, hatten nicht allzu viele Möglichkeiten. Der Widerstandskämpfer Georg Elser hatte vergeblich versucht, Hitler durch eine Bombe zu töten.
Bereits am 3. September reagierten England und Frankreich Deutschland gegenüber mit einer Kriegserklärung. Die Kampfhandlungen weiteten sich aus. Polen musste nach wenigen Wochen kapitulieren. In Europa herrschte Krieg.
Quelle: http://was-war-wann.de